Glaube und Wissen

1. Eine kurze Reise durch Glaube und Wissen.

Bisher mag der Eindruck vorherrschen, dass der Begriff des Wissens eher den Naturwissenschaften und der Begriff Glauben den Religionen zuzusprechen ist. Ist dies wirklich der Fall? Oder haben wir in dieser Hinsicht vielleicht einen falschen Eindruck? Um dies zu untersuchen, versuche ich verschiedene Themenpunkte aufzugreifen und versuche auch zu untersuchen, was Religion und Wissenschaft jeweils ausdrücken.

Beginnen wir mit den Naturwissenschaften. In der Wissenschaft haben wir nur Modelle. Wir haben Modelle von Teilchen, die niemals von einem Menschen gesehen wurden. Niemand hat jemals ein Elektron oder ein Proton oder ein Neutron oder ein Lichtteilchen oder ein subatomares Teilchen gesehen. Wir haben nicht nur ein kosmisches Modell, wir haben viele Modelle mit unterschiedlicher Anzahl von Dimensionen. Aus all diesen Modellen ist kein einzelnes Modell wirklich konsistent. Ebenso ist die tatsächliche Anzahl der Dimensionen unklar. Wir haben immer noch keine universelle Formel, die alles erklären könnte.

Wenn eine Theorie nicht konsistent ist, wird sie nicht unbedingt die Wahrheit sagen. In diesem Fall hat es nicht unbedingt mit Wissen zu tun, sondern mit Glauben.

Wenn wir die Frage stellen, was zuerst da war, die Materie oder der Geist, kann die Wissenschaft keine klare Aussage machen. Auch kann sie die Frage nicht beantworten, ob zuerst das Huhn da war oder das Ei? Darüber hinaus ist es aus wissenschaftlicher Sicht vorstellbar, dass alles eine Illusion sein könnte und die Welt daher eine reine Vorstellung wäre. Diese Idee wurde von dem berühmten Physiker Stephen W. Hawking in mindestens einem seiner Bücher zum Ausdruck gebracht.

Stephen W. Hawking erklärt die Zeit

Wenn eine Physik-Formel die imaginäre Zeit enthält, beschreibt sie eine imaginäre Welt. Insbesondere ist die Frage nach wirklich oder imaginär über diese Welt aus Seiten der Physik noch nicht geklärt:

Aus einer positivistischen Sichtweise kann man jedoch nicht fragen: Was ist Realität – Bran oder Blase? Sie sind beides mathemathische Modelle, die die Beobachtungen beschreiben. Es steht Ihnen frei, das am besten geeignete Modell zu verwenden.

Stephen W. Hawking: Das Universum in der Nussschale

Die Aussage, dass diese Welt eine wirkliche Welt ist, müssen wir im engeren Sinne in den Bereich des Glaubens schicken. Diese Welt kann nämlich real sein, aber aus wissenschaftlicher Sicht muss sie nicht unbedingt real sein.

Auch können die Wissenschaften die Frage nicht wirklich beantworten, warum die Welt, die wir wahrnehmen, genau in der Weise existiert, wie sie existiert? Die Wissenschaft versucht einfach zu erklären, wie etwas funktioniert, aber nicht, warum etwas funktioniert. Das ist noch nicht alles. Es gibt eine Reihe logischer Inkonsistenzen (Unstimmigkeiten) oder ungelöster Probleme, die die Wissenschaften bis heute nicht wirklich geklärt haben.

  1. Aus einem vernünftigen Blickwinkel erscheint es wirklich absurd zu sagen, dass das Universum aus dem Nichts entstanden ist. Unser logischer Verstand würde sagen: “Von nichts kommt nichts“.
  2. Unter der Annahme, dass die materielle Welt aus dem Nichts entstanden ist, muss die Energie des Universums zu jeder Zeit gleich Null sein. 1964 entdeckten zwei Physiker, Val Fitch und James Cronin, dass bei der Bildung von etwa einer Milliarde Materie-Antimaterie-Paare ein Überschuss von einem Materie-Teilchen beobachtet wird. Diese Beobachtung bestätigt die Asymmetrie des Universums. Neben der sichtbaren Materie wurden nun auch Dunkle Materie und Dunkle Energie entdeckt, wobei die Prozentsätze dieser drei Teile wie folgt sind: sichtbare Materie: etwa 4%, dunkle (unsichtbare) Materie etwa 23% und dunkle (unsichtbare) Energie etwa 73%. Nun wissen wir fast nichts darüber, was dunkle Materie und dunkle Energie sind. Wir wissen noch weniger über den Teil der dunklen Energie, die negative Energie haben müsste, um die energetische Menge Null für das Universum aufrechtzuerhalten. Außerdem ist sehr sehr fraglich, wie negative und positive Energie nebeneinander existieren können, ohne dass eine Energievernichtung stattfindet. Das Universum scheint sehr stabil zu sein.
  3. Aus quantenphysikalischer Sicht müssen wir postulieren, dass alle Dinge miteinander verbunden sind. Die Wissenschaftler können beobachten, dass das Ganze in jedem kleinen Teilchen steckt und jeder Weg eines Quantenteilchens mit den Wegen aller Quantenteilchen zu tun hat. Auf der anderen Seite können wir aber auch beobachten/feststellen, dass alle Dinge durch Raum und Zeit getrennt sind. Folglich müssen wir postulieren, dass es weder eine absolute Verbindung noch eine absolute Trennung der Dinge gibt.
  4. Die Lichtgeschwindigkeit scheint eine Besonderheit zu haben, für die die Allgemeine Relativitätstheorie nicht wirklich eine klare Position hat. Bei Lichtgeschwindigkeit ist  nämlich die “Längenkontraktion” oder “Lorentzkontraktion” gleich Null und die “Zeitdilatation” unendlich. Geschwindigkeit ist definiert als das Verhältnis von Länge zu Zeit. Bei Lichtgeschwindigkeit ergibt die Berechnung wie folgt: Null / Unendlich = Null. Dies heißt, dass sich das Licht nicht wirklich bewegen kann, zumal bei Lichtgeschwindigkeit die innere Uhr des Lichts aufhört, zu laufen. Und wenn die Uhr still steht, können wir keine Geschwindigkeit definieren. Dies heißt, dass sich bei Lichtgeschwindigkeit die Geschwindigkeit des Lichtes nicht wirklich definieren lässt.
  5. Die Allgemeine Relativitätstheorie hat eine weitere Absurdität. Auf der einen Seite sagt sie den Beginn des Universums zum Zeitpunkt Null voraus. Aber zum Zeitpunkt  Null hat das Universum eine Singularität, in der alle physikalischen Gesetze zusammenbrechen. Und so beschreibt die Allgemeine Relativitätstheorie auf der anderen Seite einen Zustand des Universums, in dem sie selbst zusammenbricht. Eine nicht unerhebliche Unstimmigkeit.
  6. Nach der Theorie der Quantenelektrodynamik sind die virtuellen Photonen für die Wechselwirkung der Bausteine der Materie verantwortlich. Die virtuellen Photonen werden als sogenannte Botenteilchen (= Austauschpartikel) betrachtet. Ohne diese Teilchen sind die Wechselwirkungen von Elementarteilchen nicht möglich. Das heißt, sie haben grundlegende Eigenschaften in den Wechselwirkungen der Elementar-Teilchen. Aber wie sollen diese Teilchen in der realen Welt eine fundamentale Funktion haben, wenn sie aus wissenschaftlicher Sicht keine wirklichen Entitäten sind? Ist das nicht ein Paradoxon?

Die in Punkt 5 beschriebene Unstimmigkeit kann aufgelöst werden, wenn wir zugestehen, dass wir in einer eingebildeten (imaginären) Welt leben.

“In Echtzeit hat das Universum einen Anfang und ein Ende in Singularitäten, die eine Grenze zur Raumzeit bilden und an der die Gesetze der Wissenschaft zusammenbrechen. Aber in der imaginären Zeit gibt es keine Singularitäten oder Grenzen.”

                   Stephen W. Hawking in: eine kurze Geschichte der Zeit

Die in Punkt 6 beschriebene Unstimmigkeit wird durch die Forderung (Postulierung) aufgelöst, dass die so genannte imaginäre Zeit grundlegender ist als die sogenannte Echtzeit (siehe erstes Zitat oben). 

Die anderen oben beschriebenen Unstimmigkeiten (Widersprüche) werden im Laufe dieser Untersuchung aufgelöst. Bis jetzt, wenn wir all diese Punkte im Kopf haben, ist es nicht so weit hergeholt zu sagen, dass die Wissenschaft nichts anderes als eine Glaubens-Gemeinschaft ist. Nichts, was die Wissenschaft für gegeben hält, ist wirklich eindeutig bewiesen. Zumindest müssen wir ein Modell finden, das nicht nur praktisch, sondern auch logisch, sprich in sich absolut stimmig, ist.

Lasst uns jetzt über Religion(en) sprechen. In den meisten Religionen spricht offenbar jemand, der sich Gott nennt. Dieser Gott behauptet, dass er real ist, alles weiß und der Schöpfer aller Dinge ist. Er behauptet auch, dass wir seine Kinder sind. Jetzt gibt es einige Leute, die sagen, sie haben eine Erfahrung von Gott gemacht. Aber viele andere Menschen hatten nie eine solche Erfahrung. Daher können wir bis zu diesem Punkt weder leugnen noch bejahen, dass Gott real ist oder nicht. Zumindest ist diese Aussage zunächst offen.

Ob nun jemand diesen Gott schon einmal gesehen hat, lässt sich nicht wirklich beweisen. Bedeutet dies, dass die Frage nach der Existenz Gottes ausschließlich eine Frage des Glaubens ist? Nicht unbedingt. Vorausgesetzt, dass Gott die Realität sein würde, gibt es immer auch die Möglichkeit zu sagen, dass der einzige Grund, warum wir diesen Gott nicht sehen, der ist, dass wir in einem Traum sind und natürlich nicht in einem Traum die Realität sehen. Wenn Gott real ist und wir träumen, können wir diesen Gott nicht wirklich beweisen, zumindest nicht direkt.

Auf die Frage, ob zuerst Materie da war oder der Geist, würde Gott sagen, dass der Geist zuerst kam und dass Materie nur eine Schöpfung des Geistes ist. Dies kann derzeit nicht direkt nachgewiesen werden. Aber die Frage nach dem Warum findet zumindest auf dem Gebiet der Religions- oder Spiritual-Wissenschaft eine Erklärung. Entsprechend wäre diese Welt eine Welt der Träume, der Erfahrungen, des Spiels der Trennung oder des Spiels der Kreativität.

Ein Traum täuscht uns von Natur aus eine andere Realität vor, die sich grundlegend von der wahren Realität unterscheidet. Dementsprechend können wir den Begriff Täuschung auch in Verbindung mit einem Traum verwenden. So gibt es in den östlichen Religionen die Aussage, dass wir in einer Welt der Träume, der Täuschung und der Illusion (Maya) leben. Diese Weltanschauung wird auch von den Spiritual-Wissenschaften repräsentiert. Und nach dem Zitat von Stephen W. Hawking kann diese Weltanschauung nicht wirklich ausgeschlossen werden.

Die Glaubens-Systeme

Wie bis hierher leicht zu ersehen war, müssen wir an dieser Stelle die Frage nach Wissen und Glauben relativieren. Es ist nicht so, dass irgendeine Wissenschaft oder irgendeine Religion die Wahrheit für sich beanspruchen kann. Das wäre in der Tat vermessen. Im Laufe dieser Untersuchung werden wir aber sehen können, dass die Synthese beider Glaubens- bzw.

Wissensrichtungen sehr wahrscheinlich Sprungbrett zur Wahrheit sowie zum Wissen sein können. Versuchen wir also nicht, die Unterschiede dieser beiden Disziplinen herauszuarbeiten sondern das, was sie zu einer Synthese überführen lässt. Denn wenn wir Religion und Wissenschaft in eine Synthese bringen, können wir vielleicht sogar zu einer klaren Schlussfolgerung über die fragliche Welt kommen: “Ist sie real oder imaginär?”. Diesen Versuch habe ich gewagt, und ich möchte ihn Ihnen im folgenden Diskurs vorstellen. Versuchen wir also nicht, die Unterschiede dieser beiden Disziplinen herauszuarbeiten sondern das, was sie in eine Synthese bringen lässt.

2. Grundüberlegungen.

Eine der Grundfragen ist, ob die Welt, in der wir leben und die wir wahrnehmen, die einzige Welt ist, oder ob es mehr gibt als das. Eine weitere Frage ist, was die Basis für die Welt und für unser Leben ist. Die Beantwortung dieser Fragen führt auch auf Fragen, wie: ‘Wer sind wir?’, ‘wo kommen wir her?’ und/oder ‘wo gehen wir hin?’. Genau diese Fragen versuche ich, in meinem Buch sowie auf meinen Internetseiten zu ergründen.

Zu unserer Wahrnehmung. Wir nehmen eine Welt in 3 Raumdimensionen wahr. Wenn wir noch die Zeit wegen der zeitlichen Veränderungen hinzunehmen, haben wir 4 Dimensionen. Die Physiker sprachen in den älteren Modellen davon, dass wir in einer 4-dimensionalen Raumzeit leben, was sich aus den Kenntnissen der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) ergibt. Weiter ergibt sich, dass diese Raumzeit flach und fast kugelförmig ist. Daher kann man sich das Universum als eine Kugel vorstellen, wobei die materielle Welt auf der Oberfläche dieser Kugel beherbergt ist. Im Innern der Kugel ist nichts. Weil im Innern der Kugel nichts ist, würde es nach diesen Vorstellungen nur die materielle Welt geben, sonst nichts, außer vielleicht noch Hirngespinste und Fantastereien.

Nebenbemerkung: Mit der Flachheit der Raumzeit wird der eine oder die andere vielleicht Vorstellungs-Probleme haben. Bedenken wir, dass wir von einer mehr-dimensionalen Kugel sprechen, die also mehr als drei Dimensionen hat und sich somit unserer Vorstellung entzieht. Wenn ein kleines Kind ein Haus malt, malt es das Haus zweidimensional, also flach. Im Hinterkopf haben wir aber die Drei-Dimensionalität des Hauses. Ähnlich ist es mit der Begriffsbildung von Dingen, die über die 3 Dimensionen hinausgehen. Hierfür haben wir nur unzulängliche Worte zur Verfügung. In gewisser Weise können wir diese unzulänglichen Worte mit dem Gemälde eines kleinen Kindes vergleichen, das etwas Dreidimensionales flach (zweidimensional) zeichnet, weil es dies nicht anders kann.

Auf der einen Seite ist die Oberfläche der Kugel 4-dimensional. Auf der anderen Seite stellen wir unter Fläche etwas 2-Dimensionales vor. Dies passt an für sich nicht zusammen. Weil wir aber von Ober-Fläche sprechen, müssen wir uns darauf einigen, dass diese Fläche dann eben flach sein muss, auch wenn diese Fläche 4-dimensional ist. Die Unzulänglichkeit der Sprache erschwert es, die Dinge in ein rechtes Licht zu rücken. Dennoch versuche ich, durch geeignete Wortwahl und Erklärung, die Dinge verständlich zu machen.

Mittlerweile ist die Physik an einem Kenntnisstand angelangt, der jetzt noch mehr Dimensionen erforderlich macht als nur die 4 Dimensionen unserer Raumzeit, was die Physik zu neueren kosmischen Modellen bewogen hat. Dies heißt, dass wir nicht in einer bloß 4-dimensionalen Welt leben, sondern in einer noch höherdimensionalen Welt, die vielleicht 5 oder gar 11 Dimensionen hat. Hier befindet sich die materielle Welt auf der Oberfläche einer mehrdimensionalen Kugel, die innen jetzt aber mit Energie ausgefüllt ist. Denn unabhängig davon, wieviel Dimensionen es sein mögen, ist in diesen zusätzlichen Dimensionen ebenso Energie vorhanden. Weil wir diese Energie sinnlich nicht wahrnehmen bzw. physikalisch nicht feststellen können, können wir sie zu dem Metaphysischen zählen. Also ist schon aufgrund dieser neuen Forderung der Physik (Erfordernis der Zusatzdimensionen) der Grundstein für die Existenz der Metaphysik gelegt. Siehe auch: –> Begründung des Metaphysischen sowie –> Tore zur Metaphysik.


… Vielleicht denken wir, dass wir in einer vierdimensionalen Welt leben, weil wir Schatten sind, die auf die Brane geworfen werden, durch das, was im Inneren der Blase geschieht. …”,
                             Stephen W. Hawking in: Universum in der Nussschale

Nach dem neuen Modell der Physik ist das, was sich auf der Oberfläche (brane) befindet, jetzt eine Projektion, während das Innere der Blase das eigentliche Ereignis ist. Die materielle Welt wäre also nicht mehr als nur ein oberflächlicher Teil einer höherdimensionalen sphärischen Welt, also ein Randbereich davon. Dies bedeutet, dass die Anzahl der Dimensionen der sichtbaren Welt immer kleiner ist als die Anzahl der Dimensionen der gesamten Welt. Dies können wir mit einem unendlich großen Ei vergleichen, dessen Schale unendlich dünn ist. Diese Schale hat hier nur einen sehr geringen Anteil am gesamten Ei. Die Materie würde durch die Ei-Schale repräsentiert und das Metaphysische durch das innere des Eis (Eiweiß und Dotter).

Dies bedeutet wiederum, dass die materielle Welt jetzt einen sehr kleinen Anteil an der gesamten Welt hat. Entsprechend ist das Kräfteverhältnis ähnlich und die materielle Welt wäre so etwas wie der Tropfen auf das Meer. In dieser Metapher würden der Tropfen die materielle Welt und das Meer die gesamte Welt darstellen.

–> Begründung des Metaphysischen